Kindesaufenthalt: Gericht kann Entscheidungsbefugnis auf Vater
übertragen
Nach einer Trennung der Eltern gibt es häufig Streit darüber,
wo sich das Kind dauerhaft aufhalten soll, wie der Umgang geregelt wird und wer
über den Aufenthalt entscheidet. Bei einem gemeinsamen Sorgerecht sind beide
Elternteile gehalten, dieses einvernehmlich zu regeln. Ist das nicht möglich,
können Anwälte versuchen, eine Einigung herbeizuführen. Scheitert auch das,
entscheidet das Gericht. Dabei kann es auch anordnen, dass die
Entscheidungsbefugnis über den Aufenthalt eines Kindes - unter Umständen auch
nur vorübergehend - beim Vater liegt. Bei ihrer Entscheidung haben sich die
Richter allein am Kindeswohl zu orientieren.
Das Oberlandesgericht Köln (Beschluss des Oberlandesgerichts
Köln vom 22. Juli 2011, AZ: 4 UF 144/11) billigte einem Vater diese
Entscheidungsbefugnis zu, da sich die Eltern nicht hatten einigen können und die
Mutter widersprüchliche Angaben darüber gemacht hatte, wie lange sie sich bei
ihrer Mutter in Russland aufhalten wolle.
Die Eltern des eineinhalbjährigen Kindes hatten sich getrennt
und stritten über die Aufenthaltsregelung für ihr Kind. Die Mutter des Kindes
wollte für zunächst einen Monat zu ihrer Mutter nach Russland fahren. Der Vater
legte einen detaillierten Plan vor, wie das Kind von einer Tagesmutter, mit der
bereits ein Vertrag bestand, und der Großmutter betreut werden könne. Der Plan
gewährleistete auch, dass das Kind beide Eltern würde sehen können. Der Vater
beantragte bei Gericht die Übertragung der Entscheidungsbefugnis über den
Aufenthalt des Kindes für einen Zeitraum von fünf Monaten sowie den regelmäßigen
Aufenthalt bei ihm.
Mit Erfolg. Der vom Vater aufgestellte Plan entspreche dem
Kindeswohl, so das Gericht. Es sei gewährleistet, dass das Kind in geordneter
Betreuung lebe. Zudem sei es für ein so junges Kind wichtig, dass beide Eltern
an seiner Entwicklung teilhaben könnten. Der Tatsache, dass die Eltern das Kind
tagsüber nicht betreuen könnten, werde ausreichend Rechnung getragen. Die Mutter
habe sich mehrfach selbst widersprochen, was ihren geplanten Aufenthalt in
Russland angehe. Sie habe auch die Reisedaten nicht genau angeben können. Daher
bestehe die Gefahr, dass sich der Aufenthalt verlängere. Dies sei für den Vater
nicht zumutbar. Gerade auch bei einem so jungen Kind sei es für eine tragfähige
Entwicklung der Vater-Kind-Beziehung wichtig, dass es seinen Vater regelmäßig
sehe. Dies gelte umso mehr, da das Verhältnis der Familie der Mutter zu dem
Vater belastet sei. Das Kind müsse die Gelegenheit haben, stabile Bindungen zu
beiden Eltern aufzubauen.
◄
zurück
|