Eltern haften nicht immer für ihre Kinder
Der sechsjährige Junge fuhr mit seinem Fahrrad vom Spielplatz
herunter und bog in einen Fußweg ein. Dort prallte er mit einem älteren Mann
zusammen, der sich dabei verletzte. Der Mann ging vor Gericht. Durch den Unfall
leide er an einem offenen Bein. Er forderte von der Mutter des Jungen unter
anderem mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld. Er warf der Frau vor, sie habe
ihre Aufsichtspflicht verletzt. Der Bekannte der Mutter, der den Jungen auf den
Spielplatz begleitet hatte, habe seiner Aussage nach keine Fürsorgepflichten
übernommen.
In zweiter Instanz wiesen die Richter die Klage des Mannes
zurück (Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 24. August 2011, AZ: 5 U
433/11). Zwar wäre es geboten gewesen, den Jungen nicht unbegleitet vom
Spielplatz fortradeln zu lassen. Entscheidend sei aber, dass der Unfall auch
dann nicht hätte vermieden werden können, wenn die Mutter ihren Sohn
entsprechend der elterlichen Sorgfaltspflichten überwacht hätte. Dieser fuhr auf
einem Gehweg und damit in einem Bereich, in dem nicht mit eklatanten
Gefahrensituationen zu rechnen gewesen seien. Unter diesen Umständen sei es
angemessen, dem bald sechsjährigen Kind die Gelegenheit zu geben, sich
eigenständig zu bewegen, unabhängig davon, ob die Mutter jederzeit hätte
einschreiten können. Überdies war der Junge mit den örtlichen Gegebenheiten
vertraut, und äußere Einflüsse, die ihn zu Unbedachtsamkeiten hätten verleiten
können, seien nicht zu erkennen gewesen. Dass er die Wegstrecke im Auge zu
behalten und Hindernissen auszuweichen habe, habe man ihm nicht extra sagen
müssen. Es sei zu erwarten, dass der Junge in seinem Alter über die
Einsichtsfähigkeit verfüge, schon im eigenen Interesse so zu handeln. Daher wäre
die Mutter allenfalls gehalten gewesen, ihrem Sohn auf allgemeine Sicht- und
Rufweite zu folgen. Dann aber hätte sie den Zusammenstoß ebenfalls nicht
verhindern können.
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