(red/dpa).
Verbale und körperliche Gewalt in der Ehe wird vom Partner nicht selten lange
hingenommen. Ist der Punkt erreicht, dass sie oder er sich trennt und die
Scheidung möchte, will der Partner das häufig nicht akzeptieren.
Das Ehepaar war 26 Jahre verheiratet. Seit September 2017
leben sie getrennt. Die Ehe wurde vor Ablauf des Trennungsjahrs bereits im
Februar 2018 geschieden. Die Fortsetzung der Ehe wäre für die Frau „eine
unzumutbare Härte“. Nach Anhörung der Beteiligten und Vernehmung der gemeinsamen
Kinder war das Gericht überzeugt, dass der Mann seine Ehefrau immer wieder
beleidigt und tätlich angegriffen hatte.
Gegen die Entscheidung legte der Mann Beschwerde ein. Die Ehe
sei zu Unrecht vor Ablauf des Trennungsjahrs geschieden worden. Das Gericht
(Oberlandesgericht Oldenburg am 27. April 2018; AZ: 4 UF
44/18) habe die Zeugenaussagen nicht fehlerfrei gewürdigt.
Keiner der Zeugen habe Tätlichkeiten konkret beschrieben. Hinsichtlich der
Beleidigungen, die er in seiner Muttersprache geäußert habe, stütze sich das
Familiengericht auf wörtliche Übersetzungen, statt eine "kulturelle" Übersetzung
vorzunehmen. Das nähme den angeblichen Beleidigungen deutlich an Schärfe.
Seine Beschwerde war erfolglos. Das Gesetz sehe die
Möglichkeit vor, eine Ehe auch vor Ablauf des Trennungsjahrs zu scheiden, wenn
die Fortsetzung für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des
Partners liegen, eine unzumutbare Härte darstelle. Dazu gehörten schwere
Beleidigungen, grobe und demütigende Ehrverletzungen mit Tätlichkeiten. Die Frau
habe beschrieben, dass ihr Ehemann sie nicht nur beleidigt, sondern auch immer
wieder geschlagen und gekniffen habe.
Es sei typisch für Gewalttätigkeiten in der Ehe, dass der
Ehepartner jahrelang Demütigungen und Tätlichkeiten des anderen aushalte, bis
dies irgendwann nicht mehr gelinge. Dies habe die Frau überzeugend so
beschrieben, dass sie das 26 Jahre ausgehalten habe, es aber nicht mehr ertrage.
Sie sei psychisch kaputt.
Ihr Mann habe durch sein Verhalten die Grundlage eines
weiteren Zusammenlebens des Ehepaars zerstört. Das Trennungsjahr müsse die Frau
daher nicht abwarten.
Arbeitsgemeinschaft
Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV)