Zum Umgangsrecht gehören auch Übernachtungen
Können sich getrennt lebende Eltern nicht über die
Umgangsregelungen mit ihren Kindern einigen, übernimmt dies das Gericht. Dabei
orientiert es sich an den Möglichkeiten und Gegebenheiten bei den Eltern.
Wesentlich sind aber auch die Bedürfnisse des Kindes. Schließlich hat es einen
Anspruch auf Umgang mit beiden Elternteilen.
Dabei festigen Übernachtungen die Beziehung zwischen dem
umgangsberechtigten Elternteil und dem Kind. Daher gehören sie auch zum Umgang.
Dies gilt auch bei einer geringen Entfernung zwischen den Wohnorten. Das bloße
Alter eines Kindes ist dabei kein maßgebliches Kriterium. Dies entschied das
Oberlandesgericht Saarbrücken (Oberlandesgericht Saarbrücken am 23. Januar 2013,
AZ: 6 UF 20/13).
Die Eltern des Ende August 2009 geborenen Sohnes leben
getrennt. Sie teilen sich das Sorgerecht, können sich jedoch nicht über den
Umgang und insbesondere über Übernachtungen einigen. Das Familiengericht regelte
im Oktober 2012 auf Antrag des Vaters dessen Umgang mit dem Sohn. Danach ist der
Vater berechtigt, mit seinem Sohn zusammen zu sein - zu Beginn in dreiwöchigem
Rhythmus, ab März 2013 dann in zweiwöchigem Rhythmus, jeweils von Samstagmorgen
bis Sonntag einschließlich der Übernachtung.
Dagegen wehrte sich die Mutter. Sie war der Meinung, dies
könne man einem dreieinhalbjährigen Kind nicht zumuten. Der Sohn habe noch nie
auswärts übernachtet. Auch würde der Vater regelmäßig Alkohol und Cannabis
konsumieren.
Die Mutter kam damit jedoch nicht durch. Das Umgangsrecht
eines Elternteils gehöre ebenso wie das elterliche Sorgerecht des anderen
Elternteils zum Elternrecht. Könnten sich die Eltern über die Ausübung des
Umgangsrechts nicht einigen, müssten die Gerichte eine Entscheidung treffen, und
zwar so, wie es dem Kindeswohl am besten entspreche. Im Übrigen habe das Kind
selbst einen Anspruch auf Umgang mit den Eltern. Übernachtungen seien
grundsätzlich geeignet, die Beziehung des Kindes zum umgangsberechtigten
Elternteil zu festigen und dazu beizutragen, dass das Kind ihn nicht
ausschließlich als „Sonntagselternteil“ erlebe.
Auch wenn das Kind noch nie auswärts übernachtet haben sollte,
habe der Junge ein Interesse daran, Übernachtungen beim Vater zu erleben. Auch
habe das Gericht festgestellt, dass der Sohn bereits mehrfach bei der Großmutter
mütterlicherseits übernachtet habe. Er besuche zudem den Kindergarten und sei
daher auch längere Abwesenheiten der Mutter schon gewöhnt.
Vergebens berufe sich die Mutter auf ihren fortbestehenden
Verdacht, der Vater konsumiere mit hoher Wahrscheinlichkeit „auch aktuell noch
Alkohol und Betäubungsmittel und zwar Cannabisprodukte“. Neben erheblichem
Alkoholkonsum in Form von Wein und Sekt kiffe er drei- bis viermal täglich. Der
Vater habe dies - abgesehen davon, dass er in seiner Jugend vor 20 Jahren
Cannabis probiert habe und vielleicht ein bis zwei Gläser Wein pro Woche
konsumiere - durchgehend bestritten. Die Mutter habe keinen einzigen konkreten
Vorfall benennen können. Ohne dass dies erforderlich gewesen wäre, habe sich der
Vater einem Drogentest unterzogen, der negativ ausfiel.
Es diene zudem grundsätzlich nicht dem Entwicklungsprozess von
Kindern, sie unter eine "Schutzglocke" zu setzen und ihnen damit alle familiären
Auseinandersetzungen zu ersparen. „Auch Kinder müssen lernen, durch neue
Strukturen, durch Veränderungen vielfältiger Art belastet zu werden, aus deren
Wirklichkeit sie neue Kräfte beziehen“, führte das Gericht aus. Kinder würden
nicht dadurch "lebenstüchtig", dass sie in überbehüteter und einseitig auf die
Vorstellungen eines Elternteils ausgerichteter Weise erzogen würden.
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