Kindesschutzverfahren: Begutachtung auch gegen Elternwillen
Ein Gericht kann Eltern unter Umständen das
Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Gesundheitsfürsorge entziehen. Das
gilt etwa dann, wenn die Eltern die Begutachtung ihres verhaltensauffälligen
Kindes in einem Kindesschutzverfahren verweigern. Auf die Entscheidung des
Oberlandesgerichts Hamm vom 31. Juli 2013 (AZ: 8 UF 17/13) wird hingewiesen.
Das junge Mädchen hatte 2012 häufig in der Schule gefehlt. Die
Schule schrieb den Eltern, doch diese reagierten weder darauf noch auf
Einladungen zu einer Schulunfähigkeitsuntersuchung. Das Jugendamt schlug ein
Kindesschutzverfahren vor. Im Einvernehmen mit den Eltern wurde die
Fünfzehnjährige zunächst in einer Kinder- und Jugendklinik stationär behandelt,
Sie zeigte ein behandlungsbedürftiges negatives Selbstbild und gestörte
persönliche Verarbeitungsmechanismen. Die Behandlung in der Klinik führte zu
relativ positiven Veränderungen. Nach zwei Monaten brachen die Eltern die
Behandlung jedoch entgegen ärztlicher Empfehlung ab und holten ihre Tochter
wieder nach Hause. Versuche des Jugendamtes, Kontakt zu der Familie zu halten,
blieben erfolglos.
Das Familiengericht entzog den Eltern daraufhin vorläufig in
Form einer einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht
zur Gesundheitsfürsorge. Ziel war, eine Begutachtung der Jugendlichen in dem
laufenden familiengerichtlichen Verfahren zu ermöglichen. Die Richter
begründeten dies mit einer möglichen Gefährdung der Entwicklung des Kindes,
würde man nicht mit der Behandlung der psychischen Auffälligkeiten des Mädchens
beginnen.
Die sofortige Beschwerde der Eltern dagegen wies das Gericht
zurück. Das Kindeswohl der Tochter sei gefährdet. Sie habe in erheblichem Umfang
in der Schule gefehlt, ohne dass die Eltern eingegriffen hätten. Außerdem gebe
es deutliche Anhaltspunkte für massive psychosoziale Schwierigkeiten der
Jugendlichen und innerfamiliäre Konflikte. Um die für die Begutachtung im
Kindesschutzverfahren notwendigen Maßnahmen und Untersuchungen sicherzustellen,
wozu unter Umständen auch gehöre, das Mädchen aus der Familie herauszunehmen,
sei die getroffene Anordnung erforderlich. Die Eltern hätten sich in der
Vergangenheit wenig einsichtig und nicht kooperativ gezeigt.
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