Vor dem Erbverzicht genau prüfen
Vorsicht bei der Ausschlagung des Erbes. Wer erbt und bloß die
Vermutung hat, dass außer Schulden nichts zu erben ist, sollte dennoch genau
prüfen, ob er das Erbe ausschlägt. Stellt er später fest, dass doch etwas zu
erben war, kann er seine Entscheidung so gut wie nicht mehr rückgängig machen.
Die Anfechtung einer Ausschlagung kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn er
sich intensiv mit dem Erbe befasst und auch Informationen hinsichtlich der Werte
eingeholt hat, sich jedoch geirrt hat.
Gleiches gilt, wenn im Nachhinein festgestellt wird, dass
Vermögenswerte vorhanden sind, dem Erben diese Information vorher aber nicht
zugänglich war. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss vom 31. Januar 2011;
Az: I-3 WX 21/11) lehnte die Anfechtung der Ausschlagung des Erbes in einem Fall
ab, indem die Erbin diese Ausschlagung damit begründet hatte, "dass da nur
Schulden“ seien. Nach dem Tod der Stiefmutter hatte die Erbin das Erbe per
notarieller Erklärung ausgeschlagen, da der Nachlass überschuldet zu sein
scheine. Als sie später feststellte, dass das Erbe einen Wert von rund 75.000
Euro hatte, wollte sie ihre Ausschlagung anfechten.
Zur Begründung führte sie aus, dass sie irrtümlich von einer
Überschuldung des Nachlasses ausgegangen sei. Der vorverstorbene Vater sei
schwer krank und berufsunfähig gewesen. Das Elternhaus habe veräußert werden
müssen und die Stiefmutter sei auf öffentliche Unterstützung angewiesen gewesen.
Daher sei sie von der Überschuldung ausgegangen. Das Gericht
entschied, dass die Frau ihre Ausschlagung nicht anfechten könne. Die
potentielle Erbin habe sich bei ihrer Entscheidung nicht auf bekannte und
zugängliche Fakten berufen. Die Ausschlagung beruhe somit nicht auf Tatsachen,
sondern die Frau habe sich vielmehr ohne Überprüfung von der Annahme leiten
lassen, der Nachlass sei überschuldet. Ein solcher Irrtum berechtige nicht zur
Anfechtung der Ausschlagung des Erbes. Gerade im Hinblick auf lange
zurückliegende Informationen, wie der Verkauf des Elternhauses im Jahre 1989,
hätte die Klägerin Anlass gehabt, sich noch einmal genau zu informieren, um
welche Größenordnung es sich bei dem Nachlass tatsächlich handelte. Dann hätte
sie über Annahme oder Ablehnung der Erbschaft entscheiden können. Sie habe somit
ihre Entscheidung anhand von Spekulationen darüber getroffen, ob der Antritt der
Erbschaft sich "lohne". Ein rechtlich relevanter Irrtum liege hier nicht vor.
Nur wenn sich im Nachhinein noch andere Erkenntnisse ergeben oder Einzelaspekte
irrtümlich falsch bewertet wurden, komme grundsätzlich eine Anfechtung in
Betracht.
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