BGH zu geschlossenen Fonds: Ausschüttungen können nur begrenzt
zurückgefordert werden
Berlin. Kapitalanlagen in Form von geschlossenen Fonds führen
immer wieder zu juristischen Streitigkeiten zwischen Anlegern auf der einen und
den Vermittlern und Initiatoren auf der anderen Seite. Grund dafür ist die oft
negative Geschäftsentwicklung. Statt satter Gewinne schlagen herbe Verluste bis
hin zum Totalverlust zu Buche.
Aktuell stehen kriselnde Schiffsfonds im Brennpunkt
rechtlicher Auseinandersetzungen. Hier lauert je nach Konstruktion des
Beteiligungsmodells eine besondere Finanzfalle: Unter Umständen können
Investoren im Verlustfall verpflichtet werden, bereits erhaltene Ausschüttungen
wieder zurückzuzahlen. Knackpunkt ist ein häufig zu findender Verweis auf § 172
des Handelsgesetzbuches (HGB), wo es um die Haftung der Kommanditisten einer
Kommanditgesellschaft (KG) geht. Dort heißt es sinngemäß: Wenn sich ein
Kommanditist einen Teil seiner Einlage auszahlen lässt, kann er im Fall einer
Insolvenz zur Wiedereinzahlung des herausgenommenen Kapitals verpflichtet
werden.
Wenn bei Schiffsfonds in der Anlaufphase Verluste entstehen,
werden die von Beginn an laufenden Ausschüttungen in aller Regel aus den
eingezahlten Geschäftsanteilen der Kommanditisten bestritten. Der Anleger erhält
keine erwirtschafteten Gewinne, sondern tatsächlich sein eigenes Kapital in
Teilen zurück. Den Anlegern erschließt sich dieser feine Unterschied oftmals
nicht. Für sie läuft alles programmgemäß wie vom Vermittler versprochen. Umso
erstaunter sind sie später, wenn die Fondsgesellschaft in der Krise diese
Ausschüttungen zurückfordert. Oder wenn bei Pleite des Fonds der
Insolvenzverwalter die Gelder für die Insolvenzmasse fordert.
Werden zum Zwecke der Fondssanierung Ausschüttungen
zurückgefordert, ist dies im Regelfall nur möglich, wenn alle Anleger dem
zugestimmt haben. Praktisch gibt es diese Einstimmigkeit fast nie. Zur Zahlung
gezwungen werden kann niemand.
Ausnahme von der Regel waren bisher Fondsverträge, in denen
festgelegt wurde, die Ausschüttung werde dem Anleger als Darlehen gewährt. Hier
bejahte die Rechtsprechung bisher überwiegend die Rückforderungsmöglichkeit der
Fondsgesellschaft. Dieser Praxis hat der Bundesgerichtshof mit einem aktuellen
Urteil am 12. März 2013 einen Riegel vorgeschoben (AZ: II ZR 73/11). Tenor des
Urteils: Nur wenn eine eigenständige vertragliche Abrede hierzu vorhanden ist,
darf die Fondsgesellschaft Rückforderungen geltend machen. Ob hierfür ein
bestimmter Wortlaut erforderlich ist, wird die in Kürze zu erwartende
Urteilsbegründung zeigen.
Fordert der Insolvenzverwalter Ausschüttungen zurück, die
nicht aus erwirtschafteten Gewinnen stammen, hat der Anleger in der Regel keine
Möglichkeit mehr, die Zahlung zu verweigern. „Wir können Anlegern, die mit
Rückforderungen aus der Fondsbeteiligung konfrontiert werden, nur dringend
raten, anwaltlichen Rat durch Kapitalanlagespezialisten zu suchen. Die Lage muss
genau geprüft werden. Eingeschätzt werden muss auch, ob nicht eine freiwillige
Rückzahlung die bessere Alternative ist und den Fonds und damit das Kapital
retten kann“, sagt Rechtsanwalt Paul H. Assies, Vorsitzender der
Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
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