Reifenwechsel: Werkstatt muss deutlich auf Notwendigkeit des
Radschraubennachziehens hinweisen
Heidelberg/Berlin. Eine Autowerkstatt muss nach einem
Reifenwechsel den Kunden deutlich darauf hinweisen, dass die Radschrauben nach
etwa 50 bis 100 Kilometern nachgezogen werden müssen. Diesen Hinweis kann die
Werkstatt mündlich geben oder ihn unter bestimmten Voraussetzungen auf die
Rechnung setzen. Dort muss der Hinweis deutlich und optisch herausgehoben ins
Auge fallen. Eine Zeile im Kleingedruckten reicht nicht aus. Das folgt aus einem
Urteil des Landgerichts Heidelberg (AZ: 1 S 9/10) vom 27. Juli 2011.
Nachdem an seinem Fahrzeug Winterreifen montiert worden waren,
unterschrieb der Fahrzeughalter den auf der Rechnung enthaltenen
Abbuchungsauftrag. Auf der Rechnung stand unterhalb der Unterschriftszeile
„Radschrauben nach 50 - 100 km nachziehen!!“. Dies geschah nicht.
Nach knapp 2.000 Kilometern Fahrt löste sich ein Rad. Der Mann
klagte auf Schadensersatz. Er argumentierte, das Rad habe sich ohne jede
Vorwarnung abgelöst. Es sei nicht ordnungsgemäß und fachgerecht befestigt
worden. Auf die Notwendigkeit, die Schrauben nachziehen zu lassen, sei er nicht
ausdrücklich hingewiesen worden.
Das Gericht entschied, dass die Werkstatt zu 70 Prozent
haftet. Sie habe nicht hinreichend auf die Notwendigkeit des Nachziehens der
Radschrauben aufmerksam gemacht. Der Hinweis auf der Rechnung genüge nicht,
erläuterten die Richter. Die Werkstatt tue ihrer Hinweispflicht nur dann
ausreichend Genüge, wenn sie den Hinweis mündlich erteile oder den schriftlichen
Hinweis dem Kunden so zugänglich mache, dass man unter normalen Umständen damit
rechnen könne, dass dieser ihn zur Kenntnis nehme. Das sei hier jedoch nicht der
Fall. Der Kunde prüfe bei Erhalt der Rechnung, ob die Leistungen und der
Endbetrag stimmten. Das unterschreibe er. Er habe jedoch keinen Anlass, noch
weiter zu lesen. Der Hinweis auf das Nachziehen der Radschrauben sei im
vorliegenden Fall auch optisch nicht derart hervorgehoben, dass er dem Leser
sofort ins Auge springen müsse.
Andererseits sah das Gericht ein gewisses Mitverschulden des
Klägers. Laut Sachverständigem führe die allmähliche Lockerung der Radschrauben
zu einer wahrnehmbaren Veränderung der Fahreigenschaften des Fahrzeuges. Unter
anderem seien dies bei Lenkeinschlägen und in bestimmten
Geschwindigkeitsbereichen wahrnehmbare Vibrationen, ein Schlagen am Lenkrad bzw.
schwammiges Fahrverhalten. Der Fahrer hätte auf die Veränderungen im
Fahrverhalten reagieren und das Fahrzeug sofort zur Kontrolle in eine Werkstatt
bringen müssen.
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