Nicht jede Straße muss gestreut werden - besondere Vorsicht
für Autofahrer geboten
Coburg/Berlin. Landkreise müssen nicht jede Straße streuen.
Daher müssen Autofahrer etwa auf nächtlichen Kreisstraßen außerhalb
geschlossener Ortschaften besondere Vorsicht walten lassen. Das ergibt sich aus
einem Urteil des Landgerichts Coburg vom 6. Juli 2012 (AZ: 22 O 729/11).
Nachts gegen zwei Uhr fuhr ein Autofahrer auf einer nicht
gestreuten Kreisstraße. Auf gerader Strecke entlang des Waldes kam er von der
Straße ab. Der entstandene Sachschaden belief sich auf etwa 7.500 Euro. Die
Halterin des Fahrzeugs behauptete, die Fahrbahn sei aufgrund überfrierender
Nässe eisglatt gewesen. Ihr Sohn habe die Geschwindigkeit auf 70 km/h reduziert,
nachdem er ein leichtes seitliches Versetzen durch Glätte gespürt habe. Sie wies
außerdem darauf hin, dass es in der gleichen Nacht weitere Verkehrsunfälle im
Bereich der Unfallstelle gegeben habe. Es liege also ein Unfallschwerpunkt vor,
bei dem der zuständige Landkreis hätte streuen müssen. Der Landkreis dagegen
erklärte, dass es auf der Straße in der Nacht zu keinem weiteren Unfall gekommen
sei. Für die Straße habe es sogar in der besagten Nacht eine Rufbereitschaft des
Streudienstes gegeben, die jedoch nicht angefordert worden sei. Es bestehe
außerdem nicht die Pflicht, nachts außerhalb von Ortschaften Kreisstraßen zu
streuen. Eine Gefahrenstelle liege nicht vor, vielmehr habe die unangepasste
Geschwindigkeit des Autos zum Unfall geführt.
Die Schadensersatzforderung der Frau wiesen die Richter
zurück. Sie habe keinen einzigen weiteren Unfall auf der Strecke konkret
benennen können. Der Landkreis sei seiner Räum- und Streupflicht ausreichend
nachgekommen. Grundsätzlich sei es in der Nacht aufgrund geringen
Verkehrsaufkommens nicht zumutbar, sämtliche Verkehrswege zu streuen. Die
Richter hoben hervor, dass der Landkreis sogar mehr als das Erforderliche getan
habe, indem er einen Notdienst für die Nacht eingerichtet habe. Darüber hinaus
erklärten die Richter, dass selbst bei einer Verletzung der Streupflicht
aufgrund des Verhaltens des Fahrzeugführers eine Haftung des Landkreises
ausgeschlossen wäre. Eine Verringerung der Fahrzeuggeschwindigkeit nach Bemerken
eines „leichten Versetzens“ von 90 km/h auf 70 km/h sei nicht ausreichend. Diese
Geschwindigkeit sei offenbar zu hoch, denn sonst wäre das Fahrzeug nicht von der
glatten Fahrbahn abgekommen.
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