Kein Umgangsrecht gegen den Willen des Kindes
Verweigert ein Kind nachdrücklich und aus nachvollziehbaren
Gründen den Kontakt zu einem Elternteil, so ist ein befristeter Ausschluss des
Umgangs angemessen. Das entschied das Oberlandesgericht Nürnberg am 22. Juni
2009 (AZ: 10 UF 790/08).
Nach der Scheidung der Eltern lebten die beiden Kinder bei der
Mutter, die mit Sohn, Tochter und ihrem zweiten Mann in eine andere Stadt
gezogen war. Das Sorgerecht war den Eltern größtenteils entzogen und vom
Jugendamt übernommen worden. Obwohl die 1997 geborene Tochter nach dem Umzug den
Kontakt mit dem Vater beharrlich und dauerhaft ablehnte, hatte das
Familiengericht entschieden, dem Vater an vier Tagen im Jahr einen begleiteten
Umgang mit seiner Tochter zuzubilligen, um so einer Wiederannäherung eine Chance
zu geben. Der Vater forderte ein stark erweitertes Umgangsrecht und wies darauf
hin, dass es bereits Anzeichen einer Entfremdung zwischen ihm und seiner Tochter
gebe.
Dagegen sprach sich die psychologische Sachverständige für
einen Ausschluss des Umgangs für einen Zeitraum von zunächst etwa eineinhalb
Jahren aus. Dem schlossen sich die Richter an. Zwar habe auch der nicht
betreuende Elternteil einen Anspruch auf Umgang mit seinem Kind, jedoch könne
davon abgewichen werden, wenn es das Kindeswohl erfordere. Die Richter hatten
die Tochter selbst angehört und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass das Mädchen
die geistige Reife für eine eigenverantwortliche Entscheidung besitze und von
einer klaren autonomen Willensäußerung auszugehen sei. Die Ablehnung des
Mädchens sei nachvollziehbar und verständlich angesichts des als aggressiv und
bedrohlich empfundenen Verhaltens des Vaters. Ein erzwungener Umgang mit diesem
würde die psychische Entwicklung des Mädchens erheblich belasten und sei darüber
hinaus mit dem Persönlichkeitsrecht des Kindes nicht vereinbar.
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