Überwiegend betreuender Elternteil entscheidet über Impfungen
der Kinder
Die Entscheidung, die Kinder gegen Tetanus, Diphterie, Masern
und Pneumokokken impfen zu lassen, trifft derjenige sorgeberechtigte Elternteil,
bei dem die Kinder sich gewöhnlich aufhalten. Hierzu die Entscheidung des
Amtsgerichts Darmstadt vom 11. Juni 2015 (AZ: 50 F 39/15 SO).
Die getrennt lebenden Eltern teilten sich das Sorgerecht. Sie
waren sich zunächst darüber einig gewesen, dass ihre Kinder in der ersten
Lebenszeit nicht geimpft würden. Insbesondere der Vater war ein Impfgegner.
Gerade Impfungen gegen Kinderkrankheiten stand er kritisch gegenüber.
Nachdem die Mutter mehrere Gespräche mit der Kinderärztin der
Kinder geführt hatte, wollte sie die Kinder doch impfen lassen. Die Ärztin riet
zur Impfung nach den Empfehlungen der sogenannten „ständigen Impfkommission“.
Mit dem Vater konnte sich die Mutter darüber jedoch nicht
einigen. Sie beantragte daher vor Gericht, ihr die Alleinentscheidungsbefugnis
über die Impfungen zu übertragen.
Der Mutter wurde das Recht zugesprochen, die Kinder impfen zu
lassen. Dies sei eine „Entscheidung in allen Angelegenheiten des täglichen
Lebens“, auch als Alltagssorge bezeichnet. Bei den Impfungen handele es sich um
allgemein empfohlene Schutzimpfungen. Die Impffrage ist Teil der sogenannten
U-Vorsorgeuntersuchungen, die ihrerseits zur Alltagssorge gehören.
Der Lebenswirklichkeit entspreche es, wenn derjenige, bei dem
sich die Kinder gewöhnlich aufhielten, auch über die Impfungen entscheide.
Impfungen gehörten zur unmittelbaren Gesundheitssorge. Die Richter wiesen darauf
hin, dass von den durchgeführten Impfungen auch das Verhalten im Alltag abhängig
sei. So könne beispielsweise eine nicht vorhandene Tetanusimpfung den
betreuenden Elternteil davon abhalten, die Kinder an bestimmten Stellen im
Freien spielen zu lassen.
Schließlich sei der Elternteil, bei dem sich die Kinder
gewöhnlich aufhielten, in der Regel auch derjenige, der über den
Gesundheitszustand der Kinder am besten Bescheid wüsste.
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