Kann man sich auf ein Testament
berufen, das erst 20 Jahre nach dem Tod aufgefunden wird?
(dpa/red). Wenn jemand verstirbt, ohne dass ein Testament
aufgefunden wird, so kommt die gesetzliche Erbfolge zum Zuge. Hiernach wird ein
Erbschein erteilt. Doch was geschieht, wenn noch nach Jahren auf einmal doch ein
Testament auftaucht? Interessant ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main vom 15.10.2014 (Az: 20 W 251/14).
1991 verstirbt eine geschiedene Mutter von drei Kindern. Erst
2011 wird den Kindern ein Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge erteilt. Dieser
weist sie als Erben zu je einem Drittel aus. Im Juli 2012 findet ein Sohn ein
handgeschriebenes Testament, das mit dem Datum 5.10.1991, kurz vor dem Tod der
Mutter versehen ist. In diesem Testament setzt die Mutter den Sohn zum
Alleinerben ein. Er beantragt daraufhin beim Nachlassgericht einen
Alleinerbschein. Seine Geschwister wehren sich dagegen mit der Begründung, das
Testament können kaum echt sein, wenn es erst 20 Jahre nach dem Tod der Mutter
plötzlich „aufgetaucht“ ist. Schließlich habe das Nachlassgericht ihnen ja auch
schon einen gemeinsamen Erbschein erteilt. Außerdem habe der angeblich als
Alleinerbe eingesetzte Sohn längere Zeit vor ihrem Tod keinen Kontakt mehr zur
Mutter gehabt. Es müsse ein Sachverständigengutachten über die Echtheit des
Testaments eingeholt werden.
Der Sohn hat vorgetragen, dass er gewusst habe, dass seine
Mutter ein Testament errichtet hat. Er habe dieses Testament auch gesucht, es
aber zunächst nicht gefunden. Als das Thema Erbschaft aufgrund des ersten
Erbscheinsverfahrens wieder aufkommt und er anlässlich seines Umzug ins Ausland
Gegenstände und Kartons beim Nachbarn unterstellt, schaut er diese durch und
entdeckt Unterlagen der Mutter und eben auch das Testament.
Allein die Tatsache, dass ein Testament erst lange Jahre nach
dem Tod aufgefunden wird, rechtfertigt nicht die Annahme einer Fälschung
Das Nachlassgericht hat Rücksprache bei zwei Sachverständigen
gehalten. Diese erläutern übereinstimmend, dass es hier nicht möglich sei, zu
bestimmen, ob das Alter des Testaments vor den Tod der Mutter zu datieren ist.
Es stellt dem Sohn daraufhin einen Alleinerbschein aus, ohne ein Gutachten
einzuholen.
Zu Recht, entscheidet das OLG Frankfurt. Es ist hinreichend,
wenn sich beim Gericht durch Anhörung der Beteiligten, Ansicht von Schriftproben
der Verstorbenen und Rückfrage bei zwei Urkundensachverständigen eine
Überzeugung davon bildet, dass das Testament echt ist. Dabei müssen nicht
sämtlich denkbaren Zweifel ausgeräumt sein. Es komme auf einen für das
praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit an, der „vernünftige Zweifel
ausschließt“. Da die Behauptungen zur Fälschung des Testaments recht vage seien,
der Vortrag des Sohnes zum Auffinden des Testamentes hingegen nachvollziehbar
und schlüssig, sei der Erbschein zu erteilen.
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