Kritik an Arbeitgeber durch Recht auf
Meinungsfreiheit geschützt
Stuttgart/Berlin. Kritische Äußerungen über den Arbeitgeber
können durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sein. Das ergibt sich
aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 10. Februar 2010
(AZ: 2 Sa 59/09).
Seit 1986 arbeitete ein Maschinenbediener in einem großen
Automobilunternehmen. 2002 veröffentlichte ein „Solidaritätskreis“, in dem er
Mitglied war, ein Informationsblatt, in dem es unter anderem hieß: „Wir greifen
die verschärfte Ausbeutung an und weisen die Angriffe auf die politischen und
gewerkschaftlichen Rechte zurück. Wir lehnen die menschenverachtende Jagd auf
Kranke ab.“ Als Kontakt war die Adresse des Maschinenbedieners angegeben, dem
daraufhin gekündigt wurde. Es begann eine langjährige, auch gerichtliche
Auseinandersetzung, in deren Verlauf er vier weitere Kündigungen erhielt.
Nachdem der Mann in einem Internetbeitrag seine Aussagen in abgewandelter Form
wiederholt hatte, erhielt er 2007 wiederum eine verhaltensbedingte Kündigung.
Hilfsweise hatte der Arbeitgeber außerdem eine Auflösung des
Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung beantragt.
Die Richter in der zweiten Instanz erklärten die Kündigung
jedoch für unwirksam und wiesen auch den Auflösungsantrag des Arbeitgebers
zurück. Der Internetbeitrag des Klägers sei durch das Grundrecht auf freie
Meinungsäußerung geschützt und verletze nicht seine arbeitsvertragliche
Rücksichtnahmepflicht. Die Richter wiesen auch darauf hin, dass die Äußerungen
des Mannes zum Teil im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen mit seinem
Arbeitgeber zu sehen seien. Verhalten und Äußerungen des Klägers insgesamt
bewerteten die Richter so, dass eine „den Betriebszwecken dienliche weitere
Zusammenarbeit“ durchaus möglich sei.
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