Kein Mietvertrag für Gewerkschaftsmitglied - kein Schadensersatz
München/Berlin. Gibt der Vermieter eine Wohnung möglicherweise
wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit des Mietinteressenten nicht an diesen,
liegt damit kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor.
Der Wohnungsinteressent hat keinen Anspruch auf Schadensersatz. Das ergibt sich
aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München vom 18. Oktober 2012 (AZ: 423 C
14869/12).
Ein Ehepaar suchte eine Wohnung und wurde fündig. Im Rahmen
der Vertragsverhandlungen erhielten sie einen nicht unterzeichneten
Mietvertragsentwurf. Darüber hinaus wurden sie aufgefordert, eine
Schufa-Auskunft sowie Gehaltsnachweise einzureichen. Kurze Zeit darauf teilte
der Vermieter ihnen mit, dass sie die Wohnung nicht erhalten würden. Daraufhin
machte das Ehepaar Schadenersatzansprüche geltend. Schließlich habe die
Vermieterin den Eindruck erweckt, dass der Abschluss des Mietvertrags nur noch
eine Formsache sei. Außerdem hätten sie die Wohnung wahrscheinlich deshalb nicht
erhalten, weil die Ehefrau in der Gewerkschaft sei. Die Vermieterin habe gegen
diese Gewerkschaft einen Prozess vor dem Arbeitsgericht geführt. Deshalb sei die
Absage eine Sanktionsmaßnahme der Vermieterin, die gegen das AGG verstoße.
Niemand dürfe wegen seiner Weltanschauung benachteiligt werden. Die Vermieterin
weigerte sich zu zahlen.
Nach Auffassung des Amtsgerichts steht dem Ehepaar kein
Schadensersatz zu. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch bei Abbruch
der Vertragsverhandlungen sei, dass die eine Partei durch die Art der
Verhandlungsführung Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags erweckt habe.
Das sei gegeben, wenn derjenige, der die Verhandlungen abbricht, den
Vertragsschluss als sicher hingestellt habe. Dies sei hier aber nicht der Fall.
Die Anforderung von Schufa-Auskünften sowie Gehaltsnachweisen lege nicht nahe,
dass ein Vertrag sicher geschlossen werde. Vielmehr handele es sich hier um die
üblichen geforderten Auskünfte, wenn man eine Wohnung anmieten wolle. Ebenso
verhalte es sich mit der Übersendung eines Mietvertragsentwurfes. Auch hier
werde der Vertragsschluss nicht sicher in Aussicht gestellt, sondern die
potentiellen Mieter über die Mietvertragskonditionen informiert. Es bestehe auch
keine Schadensersatzverpflichtung aufgrund eines Verstoßes gegen das AGG. Unklar
sei schon, ob tatsächlich wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit der Ehefrau der
Vertrag nicht zustande gekommen sei. Einen entsprechenden Beweis habe sie nicht
vorgelegt. Darüber hinaus könne das Gericht in der Tatsache, dass die Ehefrau
Mitglied in einer Gewerkschaft sei, keine Weltanschauung sehen. Eine derartige
Zugehörigkeit betreffe nur einen Teilaspekt des Lebens, nämlich die berufliche
Ebene. Eine Weltanschauung umfasse das ganze Leben in all seinen Aspekten.
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