Teilanfechtung einer Sonderumlage grundsätzlich unzulässig
Karlsruhe/Berlin. Mit Urteil vom 19. Oktober 2012 (AZ: V ZR
233/11) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Anfechtungsklage gegen
einen Sonderumlagebeschluss grundsätzlich nicht auf einen bestimmten Betrag
reduziert werden kann. Eine solche in unzulässiger Weise beschränkte
Anfechtungsklage ist im Zweifel aber nicht verloren, sondern als Anfechtung des
ganzen Beschlusses auszulegen.
Im Winter 2007 beschloss die Eigentümerversammlung, in den
Wohnungen eine Schwammsanierung durchzuführen sowie in den Erdgeschosswohnungen
eine neue Stahlbetonsohle einzuziehen. Die geschätzten Kosten von 180.000 Euro
sollten durch eine Sonderumlage finanziert werden. Eine Eigentümerin focht die
Beschlussfassung an, und zwar hinsichtlich der Kosten der Schwammsanierung in
Höhe von 20.000 Euro und hinsichtlich der Kosten der Sanierung der
Erdgeschosswohnungen in Höhe von weiteren 37.000 Euro. Amtsgericht und
Landgericht hatten die Klage als unzulässig abgewiesen, da es sich bei der
Deckung des insgesamt bestehenden Kapitalbedarfs von 180.000 Euro um einen
einheitlichen, nicht abtrennbaren Beschluss handele.
Der Bundesgerichtshof lehnte die Begründung der Vorinstanzen
ab. Zwar sei es richtig, dass im Gegensatz zur Anfechtungsklage gegen eine
Jahresabrechnung, die durchaus auf einzelne Positionen des Rechenwerkes
beschränkt werden dürfe, ein Sonderumlagebeschluss nicht allein seiner Höhe
wegen für ungültig erklärt werden könne, soweit also die Sonderumlage einen
bestimmten Betrag übersteige. Das Gericht müsse jedoch den Klagantrag nach dem
wohlverstandenen Interesse der Klägerin auslegen. Diese Auslegung führe dazu,
dass eine Partei im Zweifel grundsätzlich den ganzen Beschluss anfechten wolle,
um einen zulässigen Antrag zu stellen. Dementsprechend kam der Bundesgerichtshof
zu dem Auslegungsergebnis, dass die Klägerin den Sonderumlagebeschluss insgesamt
angefochten hatte, ihre inhaltlichen Einwendungen aber auf die Höhe der
beschlossenen Sonderumlage beschränken wollte. Der Bundesgerichtshof verwies die
Sache zurück an das Berufungsgericht.
Aus dem Urteil geht nicht hervor, ob und inwieweit die
Sichtweise des Bundesgerichtshofs Auswirkungen auf die Streitwerthöhe haben
wird. Bei einer Anfechtung der Sonderumlage insgesamt dürfte der Streitwert
höher liegen als bei der Beschränkung auf einen Teilbetrag. Daher dürfte die
Auslegungshilfe, die der Bundesgerichtshof der Klägerin gewährt hat, zugleich
ihr Prozesskostenrisiko erhöht haben.
◄
zurück
|