Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte nichtehelicher Väter
Für nichteheliche Väter wird es in Zukunft einfacher, das
Sorgerecht für ihr Kind auszuüben. Die jetzige gesetzliche Regelung verstößt
gegen das grundgesetzlich geschützte Elternrecht des Vaters. Das entschied das
Bundesverfassungsgericht am 21. Juli 2010 (Az: 1 BvR 420/09). Künftig wird es
bereits ausreichen, wenn ein Elternteil beantragt, das elterliche Sorgerecht
oder einen Teil davon den Eltern gemeinsam zu übertragen.
Beschwerdeführer war ein nichtehelicher Vater. Er und die
Mutter des gemeinsamen Sohnes hatten sich bereits während der Schwangerschaft
der Frau getrennt. Der Sohn lebte bei der Mutter und hatte regelmäßigen Umgang
mit dem Vater. Die Möglichkeit, das elterliche Sorgerecht gemeinsam auszuüben,
lehnte die Mutter ab. Als sie mit dem Sohn umziehen wollte, beantragte der Vater
die teilweise Entziehung des Sorgerechts der Mutter und die Übertragung des
Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn selbst. Das Familiengericht war anderer
Meinung und begründete seine Ablehnung entsprechend dem geltenden Recht damit,
dass es für die Übertragung des Sorgerechts oder Teilen davon an der
erforderlichen Zustimmung der Mutter fehle. Gründe für eine Entziehung des
Sorgerechts der Mutter lägen nicht vor.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidung des
Familiengerichts aufgehoben. Für die Zeit bis zur nun anstehenden gesetzlichen
Neuregelung hat es angeordnet, dass das Familiengericht schon auf Antrag eines
Elternteils das elterliche Sorgerecht oder einen Teil davon den Eltern gemeinsam
übertragen kann. Das gelte dann, wenn dies für das Kind die beste Lösung sei.
Unter dieser Voraussetzung kann auch dem Vater auf Antrag eines Elternteils das
Sorgerecht oder ein Teil davon allein übertragen werden, wenn eine gemeinsame
elterliche Sorge nicht in Betracht kommt.
So wie die Gesetzeslage zur Zeit sei, würde in die
Elternrechte des Vaters zu stark eingegriffen, so die Richter. Ein
nichtehelicher Vater sei generell immer dann vom Sorgerecht für sein Kind
ausgeschlossen, wenn die Mutter des Kindes ihre Zustimmung zu einem gemeinsamen
Sorgerecht mit dem Vater oder zu dessen Alleinsorge für das Kind verweigere. Der
Vater habe dann auch nicht die Möglichkeit, das, gemessen am Kindeswohl,
gerichtlich prüfen zu lassen. Damit setze „der Gesetzgeber das Elternrecht des
Vaters in unverhältnismäßiger Weise generell hinter das der Mutter zurück, ohne
dass dies durch die Wahrung des Kindeswohls geboten“ sei.
Die Richter wiesen darauf hin, dass sich zur Zeit lediglich
knapp die Hälfte der Eltern nichtehelicher Kinder auf ein gemeinsames Sorgerecht
verständigen würden. Befragungen hätten ergeben, dass Mütter „in nicht
unbeträchtlicher Zahl“ das gemeinsame Sorgerecht nur darum verweigerten, weil
sie es nicht mit dem Vater des Kindes teilen wollten. Damit habe sich die
ursprüngliche Annahme des Gesetzgebers, dass Mütter nur dann die gemeinsame
Sorge ablehnten, wenn es einen elterlichen Konflikt gebe, der sich negativ auf
das Kind auswirken würde, nicht bestätigt.
Ausdrücklich sehen die Verfassungsrichter auch die Möglichkeit
einer kompletten Übertragung des Sorgerechts von der Mutter auf den Vater vor.
Sie weisen jedoch darauf hin, dass dies wiederum einen tiefen Eingriff in das
mütterliche Elternrecht bedeute und auch für das Kind gravierende Veränderungen
nach sich ziehe. Daher solle diese Möglichkeit ausschließlich dann in Betracht
kommen, wenn dies für das Kind am besten sei oder wenn es keinen anderen Weg
gebe, das väterliche Elternrecht zu wahren. Es sei jedoch stets zu prüfen, ob
nicht doch ein gemeinsames elterliches Sorgerecht möglich sei.
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