Festlegung des Kindesunterhalts anhand von fiktivem
Vollerwerbseinkommen
Ist ein unterhaltspflichtiger Elternteil arbeitslos, muss er
nachweisen, dass er sich hinlänglich um eine Arbeitsstelle bemüht hat. Kann er
dies nicht, wird zur Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit ein fiktives
Einkommen festgelegt. Zugrunde gelegt werden muss dabei ein fiktives
Vollerwerbseinkommen, kein fiktives Nebenerwerbseinkommen.
Die getrennt lebenden Eltern dreier minderjähriger Kinder
stritten über die Verpflichtung des Vaters, monatlich rund 950 Euro Unterhalt
für die Kinder zu zahlen. Der Mann erhielt Arbeitslosengeld II in Höhe von etwa
775 Euro. Bis 2012 war er selbständig im Gastronomiegewerbe tätig. Danach hätte
er als ungelernter Hilfskoch arbeiten können, was er aber nicht tat.
Die Kinder hätten keinen Anspruch auf Unterhalt, da der Vater
keine Leistungen in ausreichender Höhe erhalte, so die Richter
(Oberlandesgericht Hamm am 02. Januar 2014, AZ: 3 UF 192/13). In der Tat könnte
der Mann aber einer abhängigen Beschäftigung in Vollzeit nachgehen. Er habe
nicht nachgewiesen, dass er dies aus gesundheitlichen Gründen nicht könne oder
trotz ausreichender Bemühungen keinen Arbeitsplatz gefunden habe. Für die
Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit sei daher von einem fiktiven
Vollerwerbseinkommen auszugehen. Dies betrage bei einem Hilfskoch in
Nordrhein-Westfalen monatlich durchschnittlich 1.387 Euro brutto. Von diesem
Einkommen seien Steuern, Sozialversicherungsabgaben und berufsbedingte
Aufwendungen abzuziehen. Übrig bleibe ein Nettobetrag, der unter dem so
genannten Selbstbehalt eines Vollerwerbstätigen von 1.000 Euro liege.
Unterhaltspflichtige haben aber Anrecht auf einen monatlichen Selbstbehalt, von
dem sie ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten können. Lege man der Berechnung
die monatlichen Sozialleistungen und ein fiktives, teilweise anrechnungsfrei
bleibendes monatliches Nebeneinkommen zugrunde, ergebe sich rein rechnerisch
eine Leistungsfähigkeit in geringem Umfang. Das fiktive Einkommen betrage rund
940 Euro, dem ein Selbstbehalt von 850 - 900 Euro gegenüberstehe. Die Differenz
wäre der zu zahlende Kindesunterhalt. Jedoch nur bei einem bereits gerichtlich
festgelegten Unterhaltsanspruch komme es auf das aus Sozialleistungen und
Nebeneinkommen bestehende Einkommen an. Ein Unterhaltsanspruch dürfe aber nicht
auf der Grundlage festgestellt werden, dass der Unterhaltsschuldner auf Dauer im
Bezug von Sozialleistungen und eines anrechnungsfreien Teils fiktiver
Nebeneinkünfte verbleibe. Deswegen sei die Leistungsfähigkeit des Vaters als
Unterhaltsschuldner nach einem fiktiven Vollerwerbseinkommen zu beurteilen.
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