Auslegung einer
Pflichtteilsstrafklausel
(dpa/tmn). Eine
Pflichtteilsklausel, die auf ein „Verlangen“ des Pflichtteils nach dem Tod des
erstversterbenden Ehegatten abstellt, greift nicht bereits dann ein, wenn der
Pflichtteilsberechtigte die Erbenstellung des überlebenden angreift. So das
Oberlandesgericht
(OLG) München laut Beschluß vom 06.12.2018 (31 Wx 374/17).
Eheleute hinterlassen ein gemeinschaftliches Testament, in dem
sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und ihre beiden Kinder als
Schlusserben. Die Kinder sollen auch bei gleichzeitigem Versterben erben. Wenn
einer von ihnen jedoch auf den Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil
verlangt, so sollen er und seine Nachkommen von der Erbfolge nach Ableben des
Längstlebenden ausgeschlossen sein. Der Vater stirbt zuerst. Der Mutter wird ein
Alleinerbschein ausgestellt. Die Tochter greift nach dem Tod der Mutter deren
Alleinerbenstellung an. Sie habe Einwände gegen die Wirksamkeit des Testaments
(Hinweise auf Auffälligkeiten betreffend die Testamentsurkunde sowie des
Vorliegens eines Testierwillens der Erblasser). Das Nachlassgericht weist die
Bedenken zurück. Tochter und Sohn streiten nun darum, ob sie gemeinsam Erben der
Mutter geworden sind oder ob die Tochter aufgrund der Strafklausel vom Erbe
ausgeschlossen ist.
Die Kinder sind Erben zu je 1/2, entscheidet das Gericht.
Die angeordnete Pflichtteilsklausel greift nicht. Denn die von der Tochter
beantragte Einziehung des der Mutter erteilten Erbscheins stellt kein
„Verlangen“ im Sinne der von den Ehegatten angeordneten Pflichtteilsklausel dar.
Mit einer solchen Pflichtteilsklausel wollen Ehegatten sicherstellen, dass dem
Überlebenden bis zu seinem Tod der Nachlass ungeschmälert verbleibt und er nicht
durch das Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört wird. Auch soll nicht
eines der Kinder bei der Verteilung des elterlichen Gesamtnachlasses bevorteilt
werden. Welche konkreten Voraussetzungen für die Verwirklichung der
Pflichtteilsausschlussklausel erfüllt sein müssen, hängt im Einzelfall von der
Gestaltung bzw. Formulierung und dem Willen der Erblasser ab, der gegebenenfalls
im Wege der Auslegung festzustellen ist. Insofern kann eine Pflichtteilsklausel
auch dann eingreifen, wenn der Pflichtteilsberechtigte die Unwirksamkeit des
gemeinschaftlichen Testaments geltend macht und seinen gesetzlichen Erbteil
fordert. Ein solcher Wille der Eltern kann hier aber nicht unterstellt werden.
Nach dem Wortsinn sanktioniert die Formulierung bereits einen ausdrücklichen und
ernsthaften, auch außergerichtlichen Versuch, den Pflichtteil zu erhalten,
unabhängig davon, ob der Fordernde den Pflichtteil beziffert oder diesen
tatsächlich erhält. Diesem kann jedoch nicht der Antrag auf Einziehung des
zugunsten der Erblasserin erteilten Erbscheins gleichgestellt werden. Denn damit
ist noch kein aktiver Zugriff der Tochter auf das Nachlassvermögen des
Erstversterbenden verbunden. Dies aber erfordert die von den Ehegatten
verwendete Fassung der Klausel („verlangt“).
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
◄
zurück
|