Rechtsanwalt Gerhard Raab in Frechen-Königsdorf

Die Reichweite einer Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus

 

(dpa/tmn). Der Umfang von Vorsorgevollmachten kann von dem Vollmachtgeber eingeschränkt aber auch sehr weitreichend sein. Für Änderungen im Grundbuch muss aber immer die Echtheit der Unterschrift unter der Vorsorgevollmacht durch einen Notar oder eine Behörde beglaubigt werden. Dies kann auch durch eine städtische Betreuungsbehörde geschehen. Hierzu das Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 14. September 2015 (AZ: 11 Wx 71/15).

Die Erblasserin errichtete eine Allgemeine und Vorsorgevollmacht sowie Betreuungsverfügung und Patientenverfügung. Zu den Befugnissen der Bevollmächtigten gehören u.a. die Vollmachtgeberin in allen vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Weiterhin ist in der Vollmacht geregelt, dass diese durch den Tod der Vollmachtgeberin nicht erlöschen soll. Die Betreuungsbehörde der Stadt H. hat die Echtheit der Unterschrift der Erblasserin unter der Vollmachtsurkunde beglaubigt. Nach deren Tod verkaufte die Bevollmächtigte für den Nachlass Grundstücke und bewilligte gegenüber dem Grundbuchamt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Käufers auf Verschaffung des Eigentums am Grundbesitz. Das Grundbuchamt verlangte aber die Vorlage eines Erbscheins auf das Ableben der Erblasserin sowie die Genehmigung aller sonstigen Erben zum Verkauf der Grundstücke durch öffentlich beglaubigte Urkunden. Zur Begründung führte es aus, dass die Vollmacht, auf die sich die Bevollmächtigte stützt, nicht formwirksam erteilt sei; die Beglaubigungsbefugnis der Betreuungsbehörde umfasse nur Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen und damit keine nach dem Tod der Vollmachtgeberin gültigen Vollmachten, da mit dem Tod der Vollmachtgeberin der Zweck einer Vorsorgevollmacht erledigt sei.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe folgt dem Grundbuchamt nicht: Nach der Grundbuchordnung soll eine Eintragung nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Für derartige Urkunden ist erforderlich, dass die Behörde oder Urkundsperson zur Ausstellung der Urkunde sachlich zuständig ist, d.h. die Grenzen ihrer Amtsbefugnis nicht überschreitet. Die Zuständigkeit der örtlichen Betreuungsbehörde bezieht sich nur auf die öffentliche Beglaubigung von Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen. Da somit keine allgemeine Zuständigkeit zur Beglaubigung von Unterschriften besteht, ist zu prüfen, ob die konkret verfahrensgegenständliche Vollmacht die Anforderungen an eine Vorsorgevollmacht erfüllt:

Die Vorsorgevollmacht ist eine gewöhnliche Vollmacht. Das Charakteristische der Vorsorgevollmacht ist aber ihr Anlass: Da ein Betreuer nur bestellt werden darf, soweit dies erforderlich ist, und dies nicht der Fall ist, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten, dient die Vorsorgevollmacht der Vorsorge für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit. Es geht mithin um die Vermeidung einer vom Gericht angeordneten Betreuung. Da es sich nach außen meist um eine Generalvollmacht handelt, liegt die Besonderheit der Vorsorgevollmacht im Motiv ihrer Erteilung. Dennoch lässt sich an Hand charakteristischer Bestimmungen in der Vollmacht in der Regel erkennen, dass es sich um eine Vorsorgevollmacht handelt, wobei wichtige Indizien Regelungen zur Gesundheitsfürsorge und zu freiheitsentziehenden Maßnahmen sind.

Dagegen begrenzt der Begriff der Vorsorgevollmacht die Vollmacht weder inhaltlich noch zeitlich. Es liegt in der Hand des Vollmachtgebers, die zeitlichen Grenzen der Bevollmächtigung und damit das Erlöschen der Vollmacht zu regeln. Daher kann eine Vorsorgevollmacht auch eine transmortale Vollmacht sein, die zu Lebzeiten und noch nach dem Tod des Vollmachtgebers gilt. Legt wie hier der Vollmachtgeber ausdrücklich die Geltung der Vollmacht bis über den Tod hinaus fest, so will er gerade verhindern, dass aus dem Vorsorgecharakter der Vollmacht der Schluss gezogen wird, dass die Vollmacht nur für die Dauer einer Betreuungsbedürftigkeit gelten soll. Liegt somit eine Vorsorgevollmacht der Erblasserin vor, ist deren Geltung nicht durch ihren Tod zeitlich beschränkt. Die transmortale Ausgestaltung der Vollmacht steht nicht im Widerspruch zum Charakter der vorliegenden Vollmacht als Vorsorgevollmacht. Daher kann entgegen der Ansicht des Grundbuchamts nicht angenommen werden, dass eine Vorsorgevollmacht ihren Vorsorgecharakter dadurch verliert, dass sie postmortal verwendet wird.

Es besteht auch im Übrigen kein Grund, die Befugnis der Betreuungsbehörden zur Unterschriftsbeglaubigung auf denjenigen Teil der Vollmacht zu beschränken, der zwingend erforderlich ist, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden. Da die Betreuungsbehörden eine Vollmacht nicht beurkunden, sondern nur die darunter gesetzte Unterschrift beglaubigen dürfen, sind sie nur zur Prüfung der Identität des Unterzeichnenden verpflichtet, nicht aber zu einer inhaltlichen Überprüfung. Eine Begrenzung der Befugnisse lässt sich deshalb nicht daraus herleiten, dass die Betreuungsbehörden zu einer Beratung über den Inhalt von über den Tod hinausgehenden Vollmachten nicht in der Lage wären.

 

 

     
     
     
   
     
     

 

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