Wer erbt, wenn der Verstorbene nur
seine Immobilien testamentarisch unter seinen Kindern aufgeteilt hat?
(dpa/red) Testamente geben immer wieder Rätsel auf, wie der
Erblasser sein Vermögen nach seinem Tod verteilt wissen möchte. Wie ist zu
verfahren, wenn der Erblasser zwar die Verteilung seines Vermögens an seine
Kinder vornimmt, hierbei aber große Teile dessen nicht berücksichtigt und
weitere Erbberechtigte vorhanden sind? So entschied das Kammergericht Berlin am
12. April 2016 (AZ: 6 W 82/15).
Der Erblasser setzte ein Testament auf, in welchem er seinem
Sohn und seiner Tochter seine Immobilien je zur Hälfte „vermacht“. Seine
Ehefrau, die auch die Mutter der Kinder ist, erwähnt er nicht, ebenso wie sein
beträchtliches Geldvermögen. Der Sohn meint, dass durch das Testament lediglich
die beiden Kinder zu Erben geworden sind. Die Mutter sei enterbt, sodass das
Geldvermögen nach Abzug eines Pflichtteils für die Mutter ebenfalls an die
Kinder ginge.
Das Amtsgericht folgte dieser Ansicht nicht und erklärte auch
die Ehefrau zur Erbin. Das Kammergericht bestätigte dies mit der Argumentation,
dass durch das Testament nicht die Kinder als Erben eingesetzt worden sind,
sondern dies nach dem Wortlaut so zu verstehen ist, dass durch das Testament
lediglich einzelne Nachlassgegenstände zugedacht wurden. Testamente sind als
einseitige, nicht empfangsbedürftige Verfügungen grundsätzlich anhand des
Willens des Erblassers auszulegen, mit dem Ziel, seinen tatsächlichen Willen im
Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung so weit als möglich wirksam
werden zu lassen. Dafür ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde
einschließlich aller Nebenumstände - auch solcher außerhalb des Testaments -
heranzuziehen und zu würdigen. Kann dadurch der tatsächliche Wille des
Erblassers noch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ist im nächsten Schritt
zu ermitteln, was dem Erblasserwillen mutmaßlich am ehesten entspricht, mithin:
was der Erblasser vernünftigerweise gewollt haben kann.
Die letztwillige Verfügung des Erblassers enthält keine
eindeutige Aussage darüber, ob die darin im Wesentlichen bedachten Kinder als
Erben eingesetzt werden sollten. Denn der Erblasser hat ihnen nicht einen
bestimmten Anteil an seinem Nachlassvermögen zugesprochen, sondern sich darauf
beschränkt, ihnen einzelne Vermögensgegenstände oder Anteile daran zuzusprechen,
ohne sie zugleich als seine Erben zu bezeichnen. Da es allein auf den
tatsächlichen Erblasserwillen ankommen soll, muss im Wege der Auslegung
ermittelt werden, ob ausreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind,
dass der Erblasser seine wirtschaftliche Stellung allein und zu gleichen Teilen
von seinen beiden Kindern fortgesetzt wissen wollte oder ob seine Verfügungen
und Anordnungen auf einer von ihm vorausgesetzten und hingenommenen gesetzlichen
Erbfolge aufbauen sollten. In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung
ist anerkannt, dass in den Fällen, in denen der Erblasser zwar lediglich
Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände trifft, diese Nachlassgegenstände
jedoch den gesamten oder aus der maßgeblichen Sicht des Erblassers jedenfalls
praktisch sein gesamtes Vermögen darstellen, in der Regel davon auszugehen ist,
dass der Erblasser mit seinen Verfügungen Erbeinsetzungen - und zwar
entsprechend dem Wert der jeweils zugedachten Gegenstände nach Bruchteilen -
vornehmen wollte, schon weil nicht angenommen werden kann, dass der Erblasser
zwar praktisch sein gesamtes Vermögen nach Einzelgegenständen verteilt, ohne
zugleich einen oder mehrere Erben zu bestimmen.
Vorliegend kann bereits nicht festgestellt werden, dass der
Erblasser mit den zu Gunsten der beiden Kinder getroffenen Einzelverfügungen
zugleich über sein Vermögen im Ganzen verfügen wollte. Bereits objektiv betrafen
seine Verfügungen nur die Immobilien und damit nicht sein gesamtes Vermögen,
denn der Erblasser verfügte neben einem PKW und sonstigen persönlichen
Gegenständen jedenfalls auch noch über ein beträchtliches Festgeld- und
Wertpapiervermögen, das in dem Testament keine Erwähnung gefunden hat. Dass der
Erblasser dennoch bei Errichtung des Testaments zumindest subjektiv die
Vorstellung hatte, mit den Verfügungen zu Gunsten seiner Kinder zugleich
abschließend über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen, könnte nur dann
angenommen werden, wenn der Erblasser diesem Geldvermögen neben dem
Immobilienvermögen praktisch keine Bedeutung beigemessen hätte. Der Senat folgt
der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass dies anhand der bekannten und
für die Auslegung maßgeblichen Umstände nicht zur notwendigen Überzeugung
festgestellt werden kann. Denn weder war der Wert des Geldvermögens in Relation
zu den Werten der Immobilien völlig unbedeutend noch sind Anhaltspunkte dafür
ersichtlich, dass der Erblasser seinem Wertpapier- und Barvermögen selbst keine
wesentliche Bedeutung im Rahmen seines Vermögens beimaß.
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