Vermächtnisnehmer hat Anspruch auf
Kopie des Testaments
Wer ein Testament aufsetzt, kann Erben bestimmen und somit
etwas vererben oder aber auch anderen etwas vermachen. Dadurch entsteht das so
genannte Vermächtnis. Im Gegensatz zum Erbe ist ein Vermächtnis die vom
Erblasser durch Testament oder Erbvertrag angeordnete Zuwendung eines konkreten
Vermögensvorteils. Der Bedachte (Vermächtnisnehmer) wird allerdings nicht Erbe.
Während ein Erbe auch als Gesamtsrechtsnachfolger in die
Rechtsstellung des Erblassers einrückt, entsteht für den Vermächtnisnehmer nur
ein Anspruch gegenüber dem Erben auf die Erfüllung des Vermächtnisses. Häufig
werden aus der Erbmasse Gegenstände wie etwa Schmuck vermacht. Der
Vermächtnisnehmer hat nicht nur den Anspruch gegen die Erben, dass ihm die Dinge
übergeben werden, sondern er darf auch Einsicht in die Nachlassakte nehmen und
sogar eine Kopie anfertigen. Dies hat das Kammergericht Berlin jetzt entschieden
(Beschluss vom 17. März 2011; AZ: 1 W 457/10). Eine Erblasserin hatte notariell
verfügt, dass der Antragstellerin ihr gesamter Schmuck nebst Pelzen als
Vermächtnis zustehen sollte. In einem handschriftlichen Testament wiederholte
sie ihre Anordnung. Sie hinterließ insgesamt sechs Testamente.
Die Vermächtnisnehmerin forderte von der Erbin nun die
Herausgabe der vermachten Gegenstände. Die Erbin hingegen behauptete, das
Vermächtnis sei durch eine der späteren Verfügungen widerrufen worden. Die
daraufhin beantragte Akteneinsicht gewährte das Gericht, nicht hingegen die
Fertigung von Ablichtungen aus der Nachlassakte. Diesen Antrag wies das
Nachlassgericht zurück. Hiergegen legte die Vermächtnisnehmerin mit Erfolg
Beschwerde ein. Sie habe ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse daran,
Einsicht in die Akte zu nehmen, so die Richter.
Das Recht zur Akteneinsicht folge aus der Vermächtnisstellung.
Da die Erbin behaupte, das Vermächtnis sei widerrufen worden, habe die
Vermächtnisnehmerin auch ein rechtliches Interesse. Um die Ansprüche zu prüfen,
benötige sie die Einsichtnahme in die bei den Akten liegenden letztwilligen
Verfügungen. Da ihr das Recht zur Akteneinsicht zustehe, habe sie auch einen
Anspruch auf Fertigung von Kopien.
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