Erbeinsetzung für den Fall
gleichzeitigen Versterbens kann auch für aufeinanderfolgendes Versterben gelten
Häufig findet sich in gemeinschaftlichen Testamenten von
Ehepaaren eine Erbeinsetzung „für den Fall des gleichzeitigen Versterbens“.
Sterben die Ehepartner jedoch – wie in aller Regel – nacheinander, kann das zu
Streitigkeiten unter den möglichen Erben führen. Das Oberlandesgericht (OLG)
Hamm entschied (Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 06. Januar 2011; AZ:
I-15 Wx 484/10), dass die Formulierung “Für den Fall, dass wir gleichzeitig
versterben sollten...“ , auch so ausgelegt werden kann, dass der Fall eines in
zeitlich größerem Abstand aufeinanderfolgenden Versterbens eingeschlossen ist.
Das Gericht muss dann Umstände ermitteln, die für eine solche Auslegung
wesentlich sein können. Ein Ehepaar setzte sich 1982 in einem gemeinschaftlichen
Testament gegenseitig zu Alleinerben ein. Der Ehemann verstarb 2007. Zu diesem
Zeitpunkt war die Erblasserin bereits nicht mehr testierfähig. Ein Satz im
Testament lautete: "Für den Fall, dass wir gleichzeitig versterben sollten, soll
unser Nachlass fallen an unsere beiderseitige Nichte ...“ Die möglichen Erben
stritten nun darüber, ob dieser Satz des Testaments so auszulegen sei, dass die
Nichte auch bei einem aufeinander folgenden Versterben der Eheleute als
Schlusserbin eingesetzt sein sollte. Die Nichte beantragte einen Erbschein, der
sie als Alleinerbin ausweisen sollte, einer der gesetzlichen Erben einen
Erbschein, der die gesetzliche Erbfolge ausweisen sollte.
Gegen die Ankündigung des Amtsgerichts, einen Erbschein für
die gesetzliche Erbfolge auszustellen, legte die Nichte der Verstorbenen
Beschwerde vor dem Landgericht ein. Ohne Erfolg. Ihre Einsetzung als Erbin
beziehe sich dem Wortlaut nach allein auf den Fall des gleichzeitigen Ablebens
der Eheleute, so die Richter. Eine Auslegung, dass die Schlusserbeneinsetzung
auch für den Fall gelten solle, dass ein Ehepartner den anderen um mehrere Jahre
überlebe, sei nicht möglich. Hierfür finde sich im Wortlaut des Testaments kein
hinreichender Hinweis.
Das sah das OLG jedoch anders. Die Richter hoben den
angefochtenen Beschluss auf und verwiesen den Fall zur Neuverhandlung zurück an
das Landgericht. Ein Testament sei nicht allein nach seinem Wortlaut auszulegen,
so die Richter. Man müsse daher zunächst versuchen, anhand aller zur Verfügung
stehenden Erkenntnisquellen den tatsächlichen Willen der Erblasser zu ermitteln.
Schon der Begriff „gleichzeitiges Versterben“ sei nicht eindeutig. Da ein
wirklich gleichzeitiges Ableben äußerst selten und kaum nachweisbar sei, sei
hiermit auch der Fall gemeint, dass der Tod der Eheleute in kurzem zeitlichen
Abstand eintrete. Damit sei klar, dass die Formulierung im Testament in jedem
Fall auslegungsbedürftig sei.
Die Richter betonten allerdings auch, dass man zunächst vom
Wortlaut des Testaments auszugehen habe. Es seien hohe Anforderungen an den
Nachweis zu stellen, dass die Erblasser bei Verwendung des Begriffs
"gleichzeitiges Versterben" auch den Fall eines um Jahre auseinander liegenden
Todes gemeint hätten.
Solche Zweifelsfälle lassen sich allerdings von vornherein
durch eindeutige Formulierungen im Testament vermeiden. Es empfiehlt sich, in
einem gemeinschaftlichen Testament klar zu regeln, ob die Formulierung des
gleichzeitigen Versterbens wirklich auf den - sehr seltenen - Fall eines
gleichzeitigen Todes beschränkt sein soll oder nicht.
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