Darf ein Arbeitnehmer wegen
einer Krankheit gekündigt werden?
Selbst
das Kündigungsschutzgesetz bewahrt Beschäftigte nicht unbedingt davor, wegen
oder während einer Krankheit den Job zu verlieren. Allerdings schränkt der
Gesetzgeber Kündigungen wegen einer Erkrankung ein. Hier finden Sie einige
Informationen zum Thema betreffend die krankheitsbedingte Kündigung.
Der aktuelle Fehlzeitenreport zeigt:
Beschäftigte melden sich immer häufiger krank. Im Durchschnitt fehlt jeder
Arbeitnehmer inzwischen rund 19 Tage im Jahr bei der Arbeit. Besonders häufig
liegt der Grund für die Fehlzeiten in psychischen Erkrankungen.
Dabei fragen sich gerade Arbeitnehmer, die
von langwierigen Krankheiten wie Burn-out, Depressionen oder chronischen
körperlichen Leiden geplagt sind, ob sie ihrem Chef von ihrer Krankheit erzählen
und so für Verständnis für sich und ihre Fehlzeiten werben sollten.
Wer erkrankt, muss den Arbeitgeber zwar
gleich am ersten Tag informieren, dass man krank ist und nicht zur Arbeit kommen
kann. Rechtlich sind Beschäftigte aber grundsätzlich nicht dazu verpflichtet,
gegenüber ihrem Arbeitgeber vorprozessual offenzulegen, an welcher Krankheit sie
leiden. Deshalb besteht auch kein Grund, das zu tun..
Denn das Offenlegen könnte negative Folgen
für den Arbeitnehmer haben - eine Stigmatisierung etwa. Diese ist gerade bei
Suchterkrankungen oder affektiven Störungen wie Depressionen zu befürchten.
Abgesehen von einer Stigmatisierung könnten
einem zu offenen Beschäftigten auch arbeitsrechtliche Nachteile drohen. Zwar ist
eine Krankheit als solche kein im Arbeitsrecht anerkannter
Kündigungsgrund. Doch das sieht anders
aus, wenn einer Krankheit etwa häufige Fehlzeiten folgen.
Dabei unterscheidet die Rechtsprechung
zwischen verschiedenen Szenarien, die es einem Vorgesetzten erlauben könnten,
eine Kündigung wegen Krankheit auszusprechen:
-
häufige, kurze
Erkrankungen des Arbeitnehmers
-
dauernde
Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers ohne Perspektive auf Besserung
-
eine langandauernde Krankheit des
Arbeitnehmers, bei der unklar ist, ob und wann sie geheilt werden kann.
Nach dem
Kündigungsschutzgesetz gibt es drei
Formen von Kündigungen von Arbeitnehmern: personenbedingt, verhaltensbedingt und
betriebsbedingt. Die krankheitsbedingte Kündigung gehört rechtlich gesehen zu
den personenbedingten Kündigungen.
Bei einer krankheitsbedingten Kündigung muss
der Arbeitgeber sich an bestimmte Vorgaben halten, ehe er sie aussprechen darf.
Der Arbeitgeber muss eine geplante Kündigung wegen Krankheit genau prüfen und
sozial rechtfertigen. Dabei ist ein dreistufiges Prüfungsschema einzuhalten. In
diesem Schema muss sich ein Arbeitgeber fragen:
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1. |
Krankheitsbedingte Kündigung:
Wie sieht die künftige Gesundheitsprognose für den Beschäftigten aus?
Je nachdem, wie die Antwort ausfällt,
könnte eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht kommen. Dafür muss der
Arbeitgeber zunächst eine ‚negative Gesundheitsprognose‘ belegen. Das
bedeutet, es müssen objektive Tatsachen dafür vorliegen, dass weitere
Erkrankungen im bisherigen Umfang zu erwarten sind.
Für einen häufig kurze Zeit Kranken
bedeutet das:
Bleibt der Beschäftigte der Arbeit binnen drei bis fünf
Jahren im Jahr insgesamt mehr als sechs Wochen fern,
kann es sein, dass von weiteren Krankentagen in der Zukunft ausgegangen
werden kann - wenn der Arbeitnehmer nicht das Gegenteil nachweist. Diese
negative Gesundheitprognose muss zum Zeitpunkt der Erklärung der Kündigung
vorliegen. |
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2. |
Beeinträchtigt die Krankheit des
Mitarbeiters die betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des
Arbeitgebers?
Liegt eine negative Gesundheitsprognose
vor, ist weiter zu prüfen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung
wirtschaftlicher oder betrieblicher Interessen des Arbeitgebers vorliegt.
Dafür müssen die Fehlzeiten des Kranken die wirtschaftlichen Interessen des
Arbeitgebers allerdings erheblich beeinträchtigen. Das kann zum Beispiel
zutreffen, wenn der Betriebsablauf gestört wird oder der Arbeitgeber dem
erkrankten Arbeitnehmer in außergewöhnlicher Höhe Entgelt fortzahlen muss.
Zugunsten der Arbeitnehmer ist z. B. zu berücksichtigen, ob
Betriebsablaufstörungen durch Überbrückungsmaßnahmen verhindert werden
können. |
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3. |
Die Interessenabwägung bei
krankheitsbedingter Kündigung sieht so aus: lange Betriebszugehörigkeit oder
kurze Anstellung?
Beabsichtigt der Arbeitgeber, einen
Beschäftigten krankheitsbedingt zu kündigen, muss er auf einer imaginären
Pro und Contra-Liste zuvor klären, ob er den kranken Angestellten weiter
tragen kann. Einem Mitarbeiter mit langer Betriebszugehörigkeit, der zum
Beispiel seit 20 Jahren im Unternehmen arbeitet, schuldet ein Arbeitgeber
dabei viel mehr Nachsicht als jemandem, der seit ein paar Monaten der
Probezeit entwachsen ist.
Entscheidend ist insoweit immer der Einzelfall. Bei der Abwägung ist immer
zu fragen, ob dem Arbeitgeber die erheblichen ökonomischen oder
betrieblichen Interessen noch zugemutet werden können. |
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Es sei auch darauf hingewiesen, dass man
Beschäftigten auch während einer Krankheit kündigen kann.
Wenn es einen
Betriebsrat im Unternehmen gibt, muss
er bei einer Kündigung wegen Krankheit gehört werden. Ansonsten ist die
krankheitsbedingte Kündigung ohne Wirkung und damit anfechtbar.
Darüber hinaus gelten engere Voraussetzungen und
Kündigungsgrenzen für bestimmte Arbeitnehmergruppen:
Vor der Kündigung eines Schwerbehinderten muss der Arbeitgeber das
Integrationsamt um Zustimmung bitten und kann eine wirksame Kündigung nach der
eventuell erteilten Zustimmung aussprechen. Während einer Schwangerschaft und im
Mutterschutz können Frauen kaum gekündigt werden, auch hier bedarf es der
Zustimmung einer Behörde.
Kranke Arbeitnehmer müssen einem
betrieblichen Eingliederungsmanagement nicht zustimmen. Sie haben ein Wahlrecht.
Ihr Chef hingegen nicht. Ist ein Mitarbeiter länger als sechs Wochen im Jahr
arbeitsunfähig - am Stück oder wiederholt -
muss er ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement
(BEM) anstoßen. Innerhalb dieses Vorgangs wird
erörtert, wie der Arbeitsplatz erhalten werden kann, ob es zum Beispiel einen
Weg gibt, die Arbeitsunfähigkeit des betroffenen Arbeitnehmers zu überwinden.
Stößt der Arbeitgeber die BEM nicht an oder
macht er Fehler, ist eine Kündigung wegen Krankheit zwar nicht automatisch
unwirksam. In einem Kündigungsschutzprozess hätte ein Mitarbeiter aber bessere
Karten, sich gegen die Kündigung zu wehren.
Wenn Betroffene gegen eine Kündigung wegen
einer Krankheit klagen wollen, müssen sie zügig reagieren. Denn ihnen bleiben
nur drei Wochen Zeit nach Eingang der Kündigung, um eine Kündigungsschutzklage
zu erheben. Diese Frist gilt auch, wenn Beschäftigte eigentlich auf eine
Abfindung dringen wollen.
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