Rechtsanwalt Gerhard Raab in Frechen-Königsdorf

Wechselmodell bei der Kinderbetreuung auch gegen den Willen der Mutter

 

(dpa). Gerichte bewerten unterschiedlich, ob ein Wechselmodell auch dann angeordnet werden kann, wenn einer der beiden Elternteile dagegen ist. Besonders schwer wiegt dabei, wenn die Mutter das Wechselmodell ablehnt. Nach Auffassung des Amtsgerichts Heidelberg  (Entscheidung vom 19. August 2014; AZ: 31 F 15/14) kann das Wechselmodell aber auch gegen den Willen der Mutter angeordnet werden. Insbesondere dann, wenn es bereits gelebt wurde.

Die Eltern waren nicht miteinander verheiratet. Sie lebten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Ihre Kinder wurden im Jahr 2005 und 2009 geboren. Zum Jahresende 2013 zog die Mutter zusammen mit den Kindern aus der gemeinsamen Wohnung aus. Der Vater lebt bis heute dort. Die Eltern vereinbarten - auf Wunsch des Vaters - zunächst ein Wechselmodell. Für die Kinder besteht das gemeinsame Sorgerecht.

Ein Sohn erkrankte an Krebs und wurde erfolgreich behandelt, muss jedoch weiterhin regelmäßig untersucht werden. Die Mutter möchte das Wechselmodell beenden. Sie führt Auffälligkeiten bei den Kindern wie etwa Durchfall oder Aufgeregtheit auf die häufigen Wechsel zwischen Mutter und Vater zurück. Die Wechsel fanden nicht im Wochenwechsel statt, sondern im Rhythmus 2-2-5-5 Tage.

Nach Ansicht der Mutter besteht keine gute Kommunikation zwischen den Eltern. Sie habe den bisherigen Umgang nur geduldet. Der Vater habe erst mit der Trennung sein Interesse an den Kindern entdeckt. Außerdem stelle der Vater sein Hobby Volleyball in den Vordergrund.

Der Vater erklärte dagegen, das Wechselmodell habe sich bewährt. Da beide Elternteile berufstätig seien, seien die Kinder von Mutter und Vater betreut worden.

Das Gericht ordnete an, dass das Wechselmodell bestehen bleibt. Es könne nicht nur dann vereinbart werden, wenn beide Eltern dies wünschten. Ein Gericht habe auch die Möglichkeit, es gegen den Willen eines Elternteils durchzusetzen. Kinder hätten ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, und jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

Dies entspreche auch dem Kindeswohlprinzip. Das Wechselmodell bringe viele Vorteile für die Kinder mit sich. Insbesondere dürfe ein Wechselmodell nicht an einem schwelenden Trennungskonflikt scheitern, wenn die anderen Voraussetzungen gegeben seien.

Das Gericht ordnete das Wechselmodell im wöchentlichen Wechsel jeweils zum Wochenende an: Dies entspreche dem Kindeswohl am besten. Der Wechsel jeweils am Samstag lasse die Umgangswoche mit der freien Zeit beginnen, wodurch die Kinder sich auf den jeweiligen Elternteil einstimmen könnten und umgekehrt.

Das Argument der Mutter, die häufigen Wechsel führten zur Reaktionen der Kinder wie Erbrechen, Durchfall und Aufgeregtheit, überzeugte das Gericht nicht. Bei allen Umgangsformen fänden Wechsel statt, bei dem nunmehr angeordneten Umgang seien diese auf ein Minimum reduziert.

Zwar könnten Kinder das Konfliktpotenzial zwischen den Eltern beim Wechsel als belastend erleben. Dies führe jedoch nicht automatisch dazu, dass ein Wechselmodell nicht angeordnet werden dürfe. Vielmehr müssten die Eltern an sich arbeiten und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Hier hätten die Eltern das Wechselmodell auch bereits gelebt, und der Vater hätte sich sowohl beruflich als auch privat darauf eingestellt. Sein Hobby sei auch nicht negativ zu werten, wenn der Vater seine Kinder einbeziehe. Die Kinder könnten so die Interessen und Bedürfnisse der Eltern kennenlernen.

Es gibt auch viele Vorteile bei einem Wechselmodell: Es gebe weniger Loyalitätskonflikte, da Kinder gerade in diesem Alter ohne weiteres einsehen, dass dieselbe Zeit bei Papa und Mama gerecht sei. Es ermögliche auch eine gleichmäßige emotionale Bindung der Kinder an beide Elternteile. Auch sei die Koordinationsleistung der Eltern bei einem Wechselmodell geringer als bei anderen Umgangsformen.

Ausführlich beschäftigte sich das Gericht damit, ob überhaupt ein Wechselmodell gegen den Willen der Mutter möglich ist und ob dies angeordnet und nicht allein nur zwischen den Eltern vereinbart werden kann. Dabei stellte das Gericht klar, dass es in den letzten Jahren im Hinblick auf das Kindeswohl und den Kindeswillen eine deutliche Verschiebung der Akzente gegeben hat. Es habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Kinder am Leben ihrer Eltern und die Eltern am Leben ihrer Kinder möglichst umfassend teilnehmen dürften und sollten. Hierzu das Gericht:

Im Jahr 2014 sei es einem Vater, der am Leben seiner Kinder teilnehmen möchte, kaum zu vermitteln, weshalb diese Teilnahme von der Zustimmung der Mutter abhängen solle, wenn die Voraussetzung hierfür gegeben seien und der Wunsch dem Kindeswohl am besten entspreche.

 

 

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